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Hans-Jürgen Hübner:

Jacques Cartier

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Geschichte und Gegenwart Kanadas

Version 1.14 (28. März 2011)
Jacques Cartier (Portrait von Théophile Hamel (1817–1870), Öl auf Leinwand ca. 1844, basierend auf einem Gemälde von 1839 von François Riss, das zerstört wurde.

Jacques Cartier (* zwischen dem 7. Juni und dem 23. Dezember 1491 im französischen Saint-Malo; † 1. September 1557) führte im Namen Frankreichs in den Jahren 1534, 1535-36 und 1541-42 drei Expeditionen über den Atlantik ins Gebiet des Sankt-Lorenz-Stroms. Damit legte er die Grundlagen für die im frühen 17. Jahrhundert einsetzende Kolonisierung Nordamerikas durch Frankreich. Darüber hinaus geht auf seine Begegnung mit den Sankt-Lorenz-Irokesen der Name Kanada zurück, wenn auch auch, abgeleitet von dem Irokesenwort kanata nur einen bestimmten Ort, später einen kleinen Teil Kanadas meinte. Wahrscheinlich war er schon zuvor auf Neufundland gewesen.

Inhalt

Leben

Cartier dürfte schon früh zur See gefahren sein, doch wissen wir nichts Gesichertes über seine Karriere vor 1532. Im 19. Jahrhundert glaubte man, er sei der Sohn von Jamet et de Geffline Jansart gewesen, doch fehlt dafür jeder Beleg.1 Nach Lanctot könnte er an den Expeditionen des Florentiners Verrazzanos teilgenommen haben, die ihn 1524 und 1528 nach Brasilien führten. Im April oder Mai 1520 er Catherine Des Granches, Tochter von Jacques Des Granches, Ritter des Königs und Constable von Saint-Malo. Allem Anschein nach hatten sie keine Kinder.

Erste Reise (1534)

Erinnerungsplakette im Boden der Kathedrale Saint-Vincent in Saint-Malo, gestiftet anlässlich des 1891 erfolgten Besuchs des Québecer Premierministers Honoré Mercier in Erinnerung an die Segnung Cartiers durch den Bischof der Stadt

Jean Le Veneur, Bischof von Lisieux zwischen 1505 und 1539, zugleich Abt von Mont Saint Michel von 1524 bis 1539, schlug König Franz I. 1532 eine Expedition in die Neue Welt vor. Er behauptete, Jacques Cartier sei bereits in Brasilien und Neufundland gewesen - was spätere Historiker nicht davon abhielt, diese Reise nicht mitzuzählen, sieht man von Hiram B. Stephens ab.2 Auf diese Intervention hin erhielt Cartier den königlichen Auftrag, allerdings ist das Schreiben verloren gegangen. Am 19. März 1534 weist der königliche Auftrag auf das eigentliche Ziel hin, nämlich auf die Suche nach Gold und wertvollen Gegenständen. Hinzu kam die Suche des Weges nach Asien. Eine mögliche weitere Aufgabe, die Missionierung, spielte offenbar keine große Rolle. Es scheint, als wäre nur ein Priester an Bord gewesen, der aber wahrscheinlich nur die Messen für die Mannschaft zelebrieren sollte.

Cartier legte am 20. April 1534 in Saint-Malo ab, um drei Wochen später Neufundland zu erreichen. Er führte zwei Schiffe und 61 Mann Besatzung. Die Schiffe segelten westwärts bis in die Baie des Châteaux (Strait of Belle Isle) auf Neufundland. Zehn Leagues entfernt lag der Hafen von Brest, wo sich ein Lager für Wasser und Holz befand, das die bretonischen Heilbuttfischer benutzten. Obwohl er keineswegs unbekannte Gebiete aufsuchte, gab er vielen Orten neue Namen: Île Sainte-Catherine, Toutes-Isles, Havre Saint-Antoine, Havre Saint-Servan (dort errichtete er sein erstes Kreuz), Rivière Saint-Jacques, schließlich Havre Jacques-Cartier. Es war ein karges Land, und Cartier notierte, es sei „das Land, das Gott Kain gegeben“ habe. Am 15. Juni segelte er südwärts, womit er bisher von keinem Europäer berührtes Gebiet erreichte. Dazu segelte er zunächst an der Westküste von Neufundland entlang - wobei er weiterhin französische Namen verteilte -, dann erreichte er das Gebiet der Cabotstraße. Ohne zu erkennen, dass es sich um einen befahrbaren Wasserweg handelte, wandte er sich westwärts.

Die Île Brion

Er erreichte fruchtbarere Inseln, unter ihnen die Île Brion, wo er möglicherweise ein zweites Kreuz errichtete. Am 26. Juni 1534 erreichte er die Îles de la Madeleine. Damit glaubte er fälschlicherweise, das Festland erreicht zu haben. Am 29. Juni stieß er auf Prince Edward Island, wobei er auf dieser Reise nicht bemerkte, dass es sich um eine Insel handelte. Danach befuhren die Schiffe mehrere Buchten und Fjorde, doch keine gestattete den Weg westwärts nach Asien. Daher gab er der Baye de Chaleurs dem Mamem Cap d’Espérance, in der Hoffnung, hier einen Weg gefunden zu haben. Nach eingehender Untersuchung, für die er sich sechs Tage vom 4. bis zum 9. Juli Zeit ließ, musste er jedoch enttäuscht feststellen, dass auch hier keine Passage existierte. Am 14. Juli fuhr er in die Baie de Gaspé, der er keinen Namen gab. Dort hielt er sich bis zum 25. Juli auf, wobei er hier wieder einmal Kontakt zu Indianern aufnahm.

Schon am 12. oder 13. Juni hatte er im “land of Cain” Indianer gesehen. Sie waren aus dem Hinterland gekommen, um Robben zu jagen. Es waren Beothuk. Anfang Juli hatte er Indianer an der Küste von Prince Edward Island gesichtet, am 7. Juli in der Baie des Chaleurs. Dort hatten ihm wahrscheinlich Mi'kmaq Pelze angeboten. In der Gaspé-Region hatte er Sankt-Lorenz-Irokesen kennen gelernt, die auf ihren jährlichen Fischzügen waren. Mit Tänzen und Feierlichkeiten kam es dort zu einem ersten Bündnis, kleine Geschenke wurden mit den vielleicht 200 Fischern ausgetauscht.

Am 24. Juli errichtete Cartier ein 30 Fuß, also rund 10 m hohes Kreuz am Pointe-Penouille. Es trug das französische Wappen. Symbolisch beanspruchte damit Frankreich das Gebiet. Der Häuptling der Irokesen Donnacona protestierte. Dazu näherte er sich zusammen mit seinem Bruder und dreien seiner Söhne, um eine Protestrede zu halten. Die Franzosen überredeten die Männer, an Bord zu kommen. Zwei der Söhne, Domagaya und Taignoagny, nahm Cartier mit. Sie sollten als Dolmetscher dienen. Man kam zu einer feierlich begangenen Einigung, nachdem Cartier behauptet hatte, das Kreuz sei nur eine Landmarke.

Cartier wandte sich nun wieder ostwärts, erneut in falschem Glauben. Er nahm nämlich an, die Mündung des Sankt Lorenz sei nur eine Bucht in Form eines Halbkreises. Bis zum 29. Juli segelte er an der Insel Anticosti entlang, dann umrundete er die Insel. Er hielt sie für eine Halbinsel. Er setzte seine Untersuchungen vom 1. bis zum 5. August fort, dann beschloss er den Rückzug. Nach einem Treffen mit Montagnais am Natashquan Point, segelte er direkt nach Neufundland, um am 15. August Segel nach Frankreich zu setzen. Die Schiffe kehrten am 5. September 1534 nach Saint-Malo zurück.

Zweite Reise (1535-36)

Obwohl Cartier kein Gold vorweisen konnte, so brachte er doch ein Bündnis mit Indianern, die Möglichkeit, tiefer ins Hinterland vorzudringen und Dolmetscher mit, die Französisch lernten. Zudem war das Land mit einem rund zehn m hohen Kreuz als französisch gekennzeichnet. König Franz war davon so angetan, dass Cartier acht Wochen nach seiner Rückkehr, am 30. Oktober 1534 einen weiteren Auftrag erhielt. Hinzu kamen 3000 Livres, sowie drei Schiffe mit 110 Mann Besatzung. An Bord der Grande Hermine ging Cartier den Schiffsmeister Thomas Fromont zu Hilfe; mit ihm fuhren Claude de Pontbriand (Sohn eines Seigneur de Montréal, im Languedoc), Charles de La Pommeraye, Jehan Poullet, der wahrscheinlich einen Bericht der zweiten Reise verfasste, und weitere Adlige. Guillaume Le Marié fuhr auf der Petite Hermine unter dem Kommando von Macé Jalobert. Der Kapitän der Émérillon war Guillaume Le Breton Bastille, sein Navigator war Jacques Maingart. An Bord waren auch Familienangehörige Cartiers, wie seine Frau Catherine Des Granches, ein Neffe namens Étienne Noël, Macé Jalobert, ein Schwager; Antoine Des Granches, Jacques Maingart, und drei weitere Maingarts. Hinzu kamen Michel Audiepvre,; Michel Philipot, Guillaume und Antoine Aliecte sowie Jacques Du Bog.

Die Schiffsrolle nennt zudem Dom Guillaume Le Breton und Dom Anthoine, wohl weltliche Priester oder Kapläne - es könnte sich bei Dom allerdings auch um die Abkürzung für Dominique handeln. Da die beiden Namen unmittelbar hintereinander folgen, ist dies jedoch nicht sehr wahrscheinlich. Dagegen spricht, dass zu einem unbekannten Zeitpunkt, als Indianer um die Taufe baten, sie Cartier auf eine spätere Reise vertrösten musste, auf der er Priester mitbringen wollte. Vielleicht waren die beiden "Doms" aber auch verstorben. Auch Domagaya und Taignoagny reisten mit. Die beiden hatten zwar Französisch gelernt, waren aber noch nicht getauft.

Cartier setzte am 19. Mai 1535 Segel. Diesmal brauchte die Expedition jedoch mehr als doppelt so lang, um Neufundland zu erreichen. Von Saint-Malo ging es westwärts, doch erreichte das erste Schiff erst nach 50 Tagen die Insel. Erst am 26. Juli waren die Schiffe wieder zusammen. Zur Markierung seiner Route errichtete Cartier ein Kreuz im Westen von Natashquan. Er besuchte eine Bucht, die er nach dem Tagesheiligen Saint-Laurent nannte. Heute heißt sie Sainte-Geneviève. Cartiers Name dehnte sich bald auf den Golf aus, dann auf den Fluss. Am 13. August fuhren die Schiffe, nachdem Cartier sich der Weisung seiner Dolmetscher gefügt hatte, in den großen Fluss, den Großen Fluss von Hochelaga (Montréal) und den Weg nach Canada. Niemand kannte die Quelle des langen Flusses. Hier, so glaubte Cartier nun, war die Passage, die er gesucht hatte.

Während der Fahrt flussaufwärts untersuchte er die Ufer und die Flüsse, die in den großen Strom mündeten. Einer von ihnen war tief und schnell. Seine Führer sagten ihm, dies sei der Weg nach Saguenay, einem Königreich, wo es Kupfer gab, und von dem Donnacona wunderbare Geschichten erzählen konnte. Am 7. September erreichten die Schiffe den Archipel von Orléans, wo "Provinz und Territorium von Canada beginnen", womit das spätere Québec gemeint war. Nach Feierlichkeiten mit Donnacona vertäute Cartier seine Schiffe im Fluss Sainte-Croix (Saint-Charles), an der Mündung des Lairet genannten Baches. Gegenüber erhob sich Cap Stadacona, wo sich ein wahrscheinlich unbefestigtes Dorf befand, wie es die Montagnais bauten, obwohl es von Irokesen bewohnt war.

Cartier wollte nach Hochelaga, doch die Dolmetscher verfolgten andere Interessen. Donnacona wollte sich vorsorglich ein Handelsmonopol sichern, da er hoffte, sich von der Vorherrschaft von Hochelaga über die Irokesen des Tals befreien zu können. Er versuchte Cartier durch Geschenkte für seine Pläne zu gewinnen, dann durch Zauberei. Cartier setzte am 19. September seine Reise ohne die Dolmetscher fort. Er befuhr den Émérillon, legte einen Zwischenhalt bei Achelacy ein, also in der Region Portneuf, und verbündete sich mit dem örtlichen Häuptling. Dann erreichte er einen See, den er “Angoulême” nannte (Saint-Pierre), ließ seine Schiffe vor Anker zurück und begab sich in Langbooten mit 30 Mann nach Hochelaga. Dort kam er am 2. Oktober an. Diese Siedlung war nach Art der Irokesen befestigt und beherbergte vielleicht 2.000 Menschen. Sie lag nahe eines Berges, den Cartier Mont-Royal nannte.

Ihm wurde ein begeisterter Empfang bereitet. Offenbar traute man ihm Heilkräfte zu, denn ihm wurden Kranke vorgeführt. Cartier las aus Johannes vor, dann die Passion Christi. Ohne sich weiter aufzuhalten fuhren die Männer weiter westwärts zu den Stromschnellen, die die Weiterfahrt blockierten. Mit Zeichen bedeuteten ihm die Indianer, dass es noch weitere Stromschnellen gebe, doch auch, dass von Norden ein Fluss einmündete, über den man Gold, Silber und Kupfer von Saguenay erreichen könne. Trotzdem verließ Cartier Hochelaga am nächsten Tag, dem 3. Oktober. Vier Tage später hielt er an der Mündung des „rivière de Fouez“ (Rivière Saint-Maurice) und ließ auch hier ein Kreuz errichten. Die Atikamekw wiederum bezeichneten den Fluss als Tapiskoan Sibi („Fadennadel“).

Als Cartier Stadacona erreichte, sah er, wie seine Männer ein Fort erbauten. Die Spannungen mit den Bewohnern hatten sich verstärkt, was Cartier auf das Einwirken seiner Dolmetscher zurückführte. Zunächst rissen die Beziehungen ganz ab, wurden erst im November wieder aufgenommen. Doch misstraute man sich weiterhin gegenseitig.

Ab Mitte November froren die Schiffe ein, der Schnee lag höher als vier Fuß, der Fluss fror bis Hochelaga zu. Im Dezember wurden die Indianer von Skorbut befallen, wobei die Franzosen glaubten, die Krankheit sei ansteckend. Daher verbarrikadierten sie sich noch mehr. Mitte Februar waren von Cartiers 110 Männern nur noch 10 gesund. Acht waren tot, zu ihnen zählte der junge Philippe Rougemont, bei dem eine Autopsie durchgeführt wurde. 25 weitere Männer starben. Cartier und seine Leute führten eine Prozession zu einem Bild der Heiligen Maria durch, Cartier selbst versprach eine Pilgerreise zum Roc-Amadour. Cartier befragte Domagaya, der den Skorbut überlebt hatte, wie er gesundet sei. Von ihm erfuhr er, dass eine Art Tee aus annedda (Atlantic White cedar oder Chamaecyparis thyoides, eine Zypressenart) ihn gerettet hatte. Mit dieser Rezeptur wurde die Mannschaft erfolgreich behandelt.

Der Richelieu, der immer noch keinen Namen hatte, kam nach Cartiers Meinung aus „Florida“; der Sankt Lorenz war drei Monate für die Schfffahrt offen, nördlich von Hochelaga gab es einen Fluss, den Ottawa), der zu großen Seen führte, und zu einem Süßwassersee. Er ahnte, dass die kontinentale Barriere auf dem Weg nach Asien sehr viel breiter war, als bis dahin erwartet.

Mit dem Frühjahr begannen die Vorbereitungen für die Rückreise nach Frankreich. Die hohen Verluste bei der Mannschaft zwangen Cartier, die Petite Hermine aufzugeben. 1842 glaubte man, Teile des Wracks gefunden zu haben, von denen ein Teil an die Literary and Historical Society of Quebec ging, ein anderer nach Saint-Malo. N.-E. Dionne bezweifelte später, ob sich die Echtheit oder korrekte Zuordnung jemals würden nachweisen lassen.

Doch bevor Cartier das Land verließ, versuchte er aus der politischen Situation im Sankt-Lorenz-Gebiet Gewinn für Frankreich zu schlagen. Die günstige Ausgangslage wurde durch Donnacona gefährdet. Diesem wiederum stand ein Agona als Gegner gegenüber, der nach der Macht strebte. Cartier fasste den Plan, die herrschende Gruppe zu entmachten und Agona als neuen Verbündeten zu gewinnen. Am 3. Mai ließ er eine Feier anlässlich der Aufrichtung eines weiteren Kreuzes ausrichten. Dabei setzte er Donnacona und die beiden Dolmetscher, also seine Söhne, gefangen, dazu weitere Männer. Der aufgebrachten Menge versprach er, Donnacona nach zehn oder zwölf Monaten mit reichen Geschenken des Königs von Frankreich zurückzubringen.

Mit etwa zehn Irokesen an Bord verließen Cartiers Schiffe Sainte-Croix, einschließlich vier Kindern, die ihm überantwortet worden waren. Zudem hatte er rund zwölf Goldstücke und einige Pelze an Bord. Bei der Fahrt flussabwärts registrierte er, bei der Fahrt an Anticosti und der Gaspé-Halbinsel vorbei, dass die Îles de la Madeleine, die er Araines nannte, tatsächlich Inseln waren. Zudem entdeckte er die bei der ersten Reise übersehene Passage zwischen Neufundland und Cape Breton. Am 16. Juli 1536 erreichte er nach 14 Monaten Saint-Malo.

Unmittelbar nach seiner Rückkehr präsentierte er dem König seinen Bericht. Er sprach von einem 800 Leagues langen Fluss, der vielleicht nach Asien führte, er führte Donnacona als lebenden Beweis vor. Begeistert überantwortete ihm der König die Grande Hermine. Doch der König hatte zunächst Dringlicheres zu tun. Es kam zum Krieg gegen Karl V. Möglicherweise beging Cartier auch diplomatische Fehler, etwa als er einen irischen Rebellen in Saint-Malo empfing.

Dritte Reise (1541-42)

So erhielt Cartier erst am 17. Oktober 1540 die Erlaubnis zu einer dritten Reise. Er sollte nach „Canada und Hochelaga, und bis zum Land des Saguenay“ fahren. Dazu durfte er jedermann mitnehmen, so etwa 50 Männer aus den Gefängnissen. Wenn es sein musste, sollten sie auch unter den Indianern leben. Erfolgreich bat Cartier den König, die Rekrutierung seiner Männer zu beschleunigen. Doch am 15. Januar 1541 erhielt überraschenderweise der hugenottische Höfling Jean-François de La Rocque de Roberval den Auftrag, an Cartiers Stelle eine große Kolonisierung zu beginnen. Roberval war des Königs lieutenant general, dem alle einen Treueid schwören mussten. Der König annullierte den ursprünglichen Auftrag, Cartier wurde Roberval unterstellt.

Cartier war trotz der veränderten Umstände im Mai abfahrbereit. Roberval wartete jedoch noch auf Artillerie und Handelsgüter. Roberval gestattete Cartier aufzubrechen, dabei sollte er ihn vertreten. Cartier erklärte sich damit einverstanden und stach, vier Tage später, am 23. Mai 1541 in See. Er führte fünf Schiffe, darunter wieder die Grande Hermine, dazu die Émérillon. Ein spanischer Spion schätzte die Besatzung auf 1.500 Mann. Cartier begleiteten zwei seiner Schwager, nämlich Guyon Des Granches, Vicomte de Beaupré, und Macé Jalobert; dazu sein Neffe Étienne Noël und der Schiffsmeister Thomas Fromont genannt La Bouille, der nicht zurückkehren sollte. Von den Irokesen sah keiner seine Heimat wieder, sie alle starben - bis auf ein kleines Mädchen.

Am 23. August 1541 erschien Cartier wieder vor Stadacona. Er verkündete dort Donnaconas Tod, behauptete jedoch, die übrigen Männer hätten es vorgezogen, in Frankreich wie die Herren zu leben und dort zu bleiben. Dies erfreute Agona, dessen Leute die Franzosen freudig empfangen hatten. Doch wieder schwand das anfängliche Vertrauen und schlug in Misstrauen um. Cartier segelte flussaufwärts und lagerte am Westende des Caps, an der Mündung des Rivière du Cap-Rouge. Die Siedlung hieß zunächst Charlesbourg-Royal. Die Stelle schien vorteilhaft, zudem fand man dort das inzwischen gut bekannte Mittel gegen Skorbut. Darüber hinaus fanden sich Steine, die man für Diamanten hielt. Daher heißt die Gegend noch heute Cap aux Diamants, dazu Gold.

Am 2. September entsandte Cartier zwei Schiffe unter Jalobert und Noël zur Berichterstattung nach Frankreich. Er selbst ließ zwei Forts errichten, eines an der Basis des Caps, das andere auf dem Cap. Am 7. September ließ er die Siedlung unter dem Kommando des Vicomte de Beaupré zurück und segelte nach Hochelaga. Bei einem Verbündeten, dem Häuptling von Achelacy ließ er zwei französische Jungen zurück, die ihre Sprache lernen sollten. Sie waren die ersten Schüler der Indianer, die aus Europa stammten. Er erfuhr allerdings nichts Weiteres mehr über das Land, denn er war ohne Dolmetscher. Das Misstrauen der Irokesen wuchs, selbst der Häuptling von Achelacy wandte sich von ihm ab. Bedauerlicherweise bricht der Bericht mit den Verteidigungsvorbereitungen ab. Es scheint aber, dass zwar der Skorbut besiegt werden konnte, aber die Siedlung war praktisch unter dauerhafter Belagerung, und es kamen vielleicht mehr als 35 Franzosen ums Leben. Cartier gab sie im Juni 1542 auf.

Rückkehr, Prozess, Tod

Im Hafen von St. John’s (Neufundland) traf er Roberval, der erst im April von La Rochelle aufgebrochen war. Roberval befahl ihm die Rückkehr. Im Bewusstsein Gold und Diamanten mit sich zu tragen, oder weil er die Indianer fürchtete, floh Cartier im Schutz der Dunkelheit und enthielt Roberval seine Männer ebenso vor, wie seine Erfahrung und sein Wissen. Er kehrte im September nach Frankreich zurück. Das Gold stellte sich dort allerdings als Eisenpyrit heraus, die Diamanten als Quarz. Cartier wurde nie wieder ein Auftrag erteilt, er durfte beim Empfang Robervals nicht dabei sein. Ob er wegen Insubordination Folgen zu tragen hatte, ist nicht klar. Im Frühjahr 1544 musste er jedenfalls vor Gericht erscheinen. Er konnte belegen, dass er ein treuer Sachwalter des königlichen Geldes gewesen war, und auch desjenigen von Roberval. So erhielt er rund 9.000 Livres. 1588 beschwerten sich allerdings immer noch Bewohner von Saint-Malo, dass sie von ihnen beanspruchtes Geld, das ihnen Cartier nach dessen Aussage bereits gezahlt hatte, nie bekommen hätten.

Ob Cartier einen ausführlicheren Bericht tatsächlich verfasst hat, ist nicht bekannt. Jedenfalls wurde nichts aufgefunden. Doch empfing er den Franziskaner André Thevet, dem er reichlich Informationen über Canada gab. Cartier konzentrierte sich auf seine Geschäfte und auf seinen Besitz Limoilou. Er taucht als Taufpate auf, sowie mehrfach als Zeuge. Er starb am 1. September 1557 im Alter von 66 Jahren. Offenbar hatten er und seine Frau Catherine Des Granches keine Kinder. Jacques Noël setzte seine Arbeit fort. Cartiers Frau starb im April 1575.

Porträts, Reiseberichte

Kein Porträt Cartiers ist überliefert. Folgt man Lanctot, so verdienen von den zahllosen Darstellungen nur acht Aufmerksamkeit. Dabei steht nach ihm die sogenannte Harleian Mappemonde, eine Weltkarte im Vordergrund, die nach Edward Harley, Earl of Oxford benannt wurde. Sie könnte um 1536 entstanden sein.

Der Bericht der ersten Reise wurde von Ramusio 1565 in Italien veröffentlicht3, dann 1580 auf Englisch durch Florio, schließlich durch Raphaël du Petit-Val im Jahr 1598 auf Französisch4. 1843 veröffentlichte die Literary and Historical Society of Quebec ein Manuskript aus der Bibliothèque National (nr. 841 der Moreau-Sammlung), das jedoch nur die Abschrift einer verschollenen Vorlage war. Erneut wurde es 1867 von Michelant und Ramé in 1867, dann von H. P. Biggar im Jahr 1924 veröffentlicht. Erneut taten dies J. Pouliot 1934 und Th. Beauchesne 1946.

Der Bericht der zweiten Reise wurde bereits 1545 anonym auf Französisch publiziert. Das Originalmanuskript, das dieser Ausgabe zugrunde lag, ist jedoch nicht auffindbar. Doch befinden sich drei Manuskripte in der Biblithéque National, nämlich no. 5589, das Biggar für das Original hielt, dann; no. 5644, das mit Fehlern behaftet ist, und no. 5653, das 1843 in Quebec veröffentlicht wurde, und das Avezac für das Original hielt. Robert Le Blant stellte später fest, alle drei seien Abschriften eines verlorenen Originals.

Noch ungünstiger ist die Situation bei der dritten Reise. Es existiert nur eine unvollständige, von Hakluyt 1600 kompilierte Version auf Englisch. Demnach hatte er es um 1583 in Paris entdeckt, doch ist es seither verschollen.

Was die Situation weiter verkompliziert, ist die Tatsache, dass die Autorschaft der Manuskripte unklar ist. Der Bericht von der dritten Reise gibt uns keinerlei Hinweis. Für das Manuskript der zweiten Reise wurde Jehan Poullet vorgeschlagen. Er stammte aus dem bretonischen Dol und wird erstmals am 31. März 1535 erwähnt. Er reichte bei einem Treffen in Saint-Malo die Rolle mit den Namen der Teilnehmer ein. Sein Name erscheint nicht auf der Rolle, doch erscheint er vier mal auf dem Brief récit, das 1545 veröffentlicht wurde. 1888 glaubte Joüon Des Longrais, der Poullet für wenig bedeutend hielt, Eitelkeit als Motiv für diese übertrieben häufige Selbstnennung unterstellen zu können. Daher könnte er seiner Meinung nach der Autor gewesen sein. Da es stilistische Übereinstimmungen zum Bericht der ersten Reise gibt, könnte er auch dessen Verfasser sein. 1949 schlug Marius Barbeau vor, Rabelais habe Cartier zwecks Vorlage vor den König formuliert, doch meinte Bernard G. Hoffman, dass sein Stil überhaupt nicht dem von Rabelais entspreche. Es sei aber sicher, dass der Bericht 1536 bereits den König erreicht habe müsse, und dass Cartiers Bericht Rabelais erst 1538 bekannt worden sei. Die Frage nach der Autorschaft bleibt ungeklärt.

Der nach Cartier benannte Fluss

Place Jacques Cartier in Montréal um 1900

Cartier auf einer kanadischen Briefmarke von 1934

Editionen

Die wichtigsten Editionen sind:

Literatur

Externe Links

Anmerkungen

  1. 1 ↑ M. C. Desmazières de Séchelles: Appendice à la généalogie de Jacques Cartier..., in: Édouard Charton (Hg.): Documents sur Jacques Cartier, Transactions of the Literary and Historical Society of Quebec, Bd. V,1 (Mai 1862) 133, 135-137.
  2. 2 ↑ Er geht in seinem Buchtitel daher von vier Reisen aus: Hiram B. Stephens: Jacques Cartier and His Four Voyages to Canada; An Essay, with Historical, Explanatory, and Philological Notes . (Google Books).
  3. 3 ↑ Breve et svccinta narratione della nauigation fatta per ordine de la Maestà Christianissima all' isole di Canada, Hochelaga, Saguenai & altre, al presente dette la Nuoua Francia con particolari costumi, & cerimonie de gli habitanti .
  4. 4 ↑ Discovrs dv voyage fait par le Capitaine Iaqves Cartier aux Terres-neufues de Canadas, Norembergue, Hochelage, Labrador, & pays adiacens, dites nouuelle France .

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