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Hans-Jürgen Hübner:

Halifax, Hauptstadt Neuschottlands

Version 1.401 (28. Februar 2016

Halifax ist die Hauptstadt der kanadischen Provinz Neuschottland und das wirtschaftliche und kulturelle Zentrum der atlantischen Provinzen. Die Halifax Regional Municipality besteht aus Halifax, Dartmouth, Bedford und Sackville und bildet ein Halifax Metro genanntes Ballungsgebiet. In der Regional Municipality lebten 2011 über 390.000 Menschen, was 40 % der Bevölkerung Neuschottlands entspricht. Zu Halifax gehört darüber hinaus die abgelegene Insel Sable Island.

Inhalt

Urgeschichte

Halifax from the air
Blick über das Bedford Basin nach Osten, das die Mi'kmaq während der warmen Jahreszeit aufsuchten.

Neuschottland lag während des letzten kaltzeitlichen Maximums zwischen etwa 23.000 und 11.000 v. Chr. unter Eis und war demzufolge für Menschen nicht bewohnbar. Um 9000 v. Chr. herrschte hingegen eine Tundrenlandschaft vor, die von Karibus bewohnt war. Zugleich lag der Meeresspiegel erheblich niedriger, so dass etwa die Bay of Fundy, die Northumberland Strait und große Teile des Festlandssockels über Wasser lagen. Erstmals tauchten Jäger und Sammler auf, die als Paläoindianer bezeichnet werden. Ihre Spuren wurden in den heute unter Wasser liegenden Gebieten jedoch weitgehend zerstört. Archäologisch sind die frühesten Menschen immerhin in Form von steinernen Projektilspitzen zu fassen, den sogenannten fluted points. Funde aus den benachbarten Gebieten Prince Edward Island, von den Îles-de-la-Madeleine, der Südküste Labradors und aus Québec machen eine Besiedlung im 10. oder 9. vorchristlichen Jahrtausend wahrscheinlich. Der älteste Fund menschlicher Überreste in der Provinz wurde bei Debert im Colchester County gemacht.1 Die rund 4.500 Artefakte, Werkzeuge der Paläo-Indianer, wurden auf etwa 8600 v. Chr. datiert. Oberhalb der Cobequid Bay jagten diese Menschen offenbar Karibus.

Zwischen 3000 und 1500 v. Chr. entwickelte sich eine Regionalkultur, die als Maritime Archaic tradition bezeichnet wird. Sie ist ab 1500 v. Chr. entlang der Atlantikküste fassbar. Bis dahin stieg der Meeresspiegel weiter an, daher ist im Küstenbereich kaum mit Funden zu rechnen, die älter als 3500 Jahre sind. Zwischen 1500 und 500 v. Chr. bewegte sich die Susquehanna Tradition an der mittleren Atlantikküste nordwärts, doch ist unklar, ob dies mit ethnischen Bewegungen gleichzusetzen ist. Sie lässt sich vor allem im Westen von Neuschottland und in Neubraunschweig nachweisen. Die im Raum des späteren Halifax ansässigen Mi'kmaq nannten das Gebiet Jipugtug, anglisiert Chebucto, was so viel wie ‚Größter Hafen‘ bedeutet.1a Während der warmen Jahreszeit lebten Mi'kmaq-Gruppen am Bedford Basin, also am nördlichen Ende des Halifax Harbour, die sich im Winter aus dem küstennahen Gebiet zurückzogen. Siedlungsspuren fanden sich zwischen Point Pleasant Park, also dem Südende der Halifax Peninsula, und weit ins umgebende Festlandsgebiet hinein.

Britische Gründung, Akadier, Mi'kmaq

Chebucto wurde von den Franzosen, die ab dem frühen 17. Jahrhundert begannen, Neufrankreich zu besiedeln, nicht besetzt, ihre nächsten Siedlungen befanden sich im späteren Windsor (seit etwa 1685) und in Pizquid. Pizquid war die am nächsten am späteren Halifax liegende Siedlung der Acadiens bzw. Akadier, wie sich die Französisch sprechenden Siedler nannten.

Nordamerika wurde zum Nebenschauplatz des Spanischen Erbfolgekrieges von 1701–1714. Als 1713 dieser durch den Frieden von Utrecht beendet wurde, fielen Neufundland, die französischen Ansprüche auf Ruperts Land und Acadia an England. Damit wurde Annapolis Royal zur Hauptstadt. Doch damit endete der britisch-französische Konflikt keineswegs. Gegen Annapolis errichtete Frankreich ab 1717 die Festung Louisbourg.

Während des King-George-Krieges von 1744–1748, der als Nebenschauplatz des gleichzeitig in Europa stattfindenden Österreichischen Erbfolgekrieges (1740–1748) gilt, griffen die Franzosen aus Louisbourg Annapolis an. Doch ihr Aufbruch verzögerte sich, die mit ihnen verbündeten Mi'kmaq und Maliseet in Verbindung mit Pater Jean-Louis Le Loutre, griffen bereits Anfang Juli an. Doch Annapolis war bereits in Kenntnis des bevorstehenden Angriffs und konnte Fort Anne gegen die Angreifer, die nicht über schweres Belagerungsgerät verfügten, zurückschlagen. Erst Mitte August erschienen die Franzosen vor Fort Anne, doch auch sie scheiterten. Bei einem Gegenangriff griffen rund 4000 Mann aus Neu-England unter der Leitung von William Shirley, dem Gouverneur von Massachusetts, die Festung an. Ihnen gelang mit Unterstützung von zwölf britischen Kriegsschiffen die Eroberung. 1746 versuchte Frankreich die Rückeroberung, indem es die größte Flotte aussandte, die bis dahin nach Nordamerika gesegelt war. Sie umfasste 64 Schiffe.1f Dabei soll der Duc d’Anville 1.016 Männer bei Halifax beerdigt haben. 1748 ging die Festung erneut an Frankreich. Seit 1713 versuchte London durch englische Siedler ein Gegengewicht gegen die akadische Mehrheit zu schaffen.

Moses Harris05
Die Karte Harbour of Chebucto and Town of Halifax wurde im Juli 1750 in einer Ausgabe des Gentleman's Magazine in London veröffentlicht. Sie wird Moses Harris, einem Naturforscher zugeschrieben.

General Edward Cornwallis erhielt den Auftrag, eine Siedlung bei Chebucto zu gründen. Er segelte mit 13 Schiffen in Begleitung eines Kriegsschiffs und mit 1.176 Siedlern an Bord dorthin. Zusammen mit ihren Familien waren dies wohl rund 2.500 Menschen, die am 9. Juli 1749 landeten. Am 21. Juni 1749 begann die Ansiedlung am Fuß des späteren Citadel Hhill. Der Posten wurde nach George Montague-Dunk, 2nd Earl of Halifax, dem Präsidenten des Board of Trade der Pelzhändler benannt. Er führte den Titel First Lord of TradeIn dem riesigen Hafen ließen sich Batterien zum Schutz der Einfahrt, wie etwa auf McNab's Island, Point Pleasant oder George's Island sowie der York Redoubt einrichten.

Mit dieser Ansiedlung begann Father Le Loutre's War, der sich von 1749 bis 1755 hinzog. Einerseits brachen die Briten mit ihrer Ansiedlung einen 1726 geschlossenen Vertrag mit den Mi'kmaq.2, andererseits sahen die Akadier darin eine Bedrohung. Daher griffen sie gemeinsam mehrfach die Siedlung an, und auch Blockhütten außerhalb der Stadt wurden angegriffen. Mi'kmaq griffen das North Blockhouse an, im Süden eine Sägemühle3. Als Goldenes Zeitalter der Akadier gelten die Jahre 1713 bis 1748, wobei es selbst in dieser friedlichen, prosperierenden Phase auch Spannungen gab. So weigerten sich die Akadier bis 1730 einen Eid auf Englands Krone zu leisten, stattdessen boten sie für den Fall eines britsch-französischen Konflikts Neutralität an. Sie galten daher als „neutrale Franzosen“. Als es 1742 bis 1748 zu den lange erwarteten Kämpfen kam, hielten sich die Akadier neutral, doch war den Kriegsteilnehmern klar, dass dies auf Dauer nicht durchzuhalten war. 1749 gingen die Briten in die Offensive und London verlangte einen uneingeschränkten Treueid. Etwa tausend Akadier schrieben an Edward Cornwallis, dass sie eher das Land verlassen würden. Vielleicht die Hälfte der Akadier ging an den Mesagoueche River in der Chignectou-Region, auf die Ile-Saint Jean (Prince Edward Island) und die Ile Royale (Cape Breton Island). Führer dieser Familien war der Missionar Jean-Louis Le Loutre. Mi'kmaq griffen Briten an, da sie glaubten, den Exodus stoppen zu wollen. Am 24. September erklärten sie den Briten wegen des Bruchs des Vertrages von 1726 und der Gründung von Halifax den Krieg. Allein gegen Dartmouth kam es zu acht Angriffen. Die Briten setzten Skalpprämien aus. Am 27. November 1749 griffen 300 Mi'kmaq, Maliseet, und Akadier Fort Vieux Logis an, das kurz zuvor von den Briten in der akadischen Gemeinde Grand Pré errichtet worden war. Immer wieder kam es zu Scharmützeln, Belagerungen und Überfällen. Am 3. September 1750 zogen 700 Briten zum Isthmus von Chignecto, an der heutigen Grenze zwischen Neuschottland und Neubraunschweig gelegen, wo Mi’kmaq und Akadier vergeblich versuchten, sie aufzuhalten. Die Briten errichteten Fort Lawrence nahe der Stelle des zerstörten Akadierdorfes Beaubassin. Um die Briten aufzuhalten, errichteten die Franzosen Fort Beausejour, Fort Gaspareaux und Fort Menagoueche. Im Oktober 1750 erfolgte ein erster Angriff auf die Umgebung von Halifax, 1751 kam es zu Angriffen der Mi'kmaq auf Blockhäuser in der Umgebung. Zugleich kämpften britische und französische Schiffe immer wieder, die Briten schätzten, dass allein 8 bis 10 französische Schiffe die verbündeten Mi'kmaq regelmäßig mit Kriegsgütern versorgten. 1752 bis 1753 war die Situation um Halifax so gefährlich, dass es praktisch nicht möglich war, zum Fischfang auszufahren. Die britische Kolonie stand kurz vor dem Bankrott.3d Häuptling der Mi'kmaq war Jean Baptiste Cope (Kopit in Mi’kmaq, was soviel wie ‘Biber’ bedeutet). Er war auch als Major Cope bekannt, was auf einen Titel zurückging, den ihm die Franzosen übertragen hatten. Er war der Sakamaw der Mi'kmaq von Shubenacadie, Nova Scotia (Indian Brook 14). Er unterhhielt enge Beziehungen zu den Akadiern an der Bay of Fundy, sprach Französisch und war Katholik. Er schloss 1752 einen Vertrag mit den Briten, der jedoch durch die Gründung von Lunenburg einseitig von London aufgekündigt wurde. Im Juni 1755 griffen 3000 Briten Fort Beausejour an und eroberten es. Le Loutre wurden gefangen genommen. Fort Menagoueche ging in Flammen auf, bevor die Franzosen abzogen. Die Dörfer von Chignecto brannten die Briten nieder und sie deportierten die Akadier. Als 1758 auch Louisbourg fiel, wurden die dortigen Akadier ebenfalls in die britischen Kolonien deportiert.

Der Siebenjährige Krieg

Sambroandcannons
Der Leuchtturm auf Sambro Island entstand 1758

Halifax entwickelte sich derweil zum Gegengewicht gegen das französische Louisbourg auf Cape Breton. Die Siedlung wurde 1751 in acht Wards aufgeteilt, die Einwohner wählten verschiedene Amtsträger, wie etwa 8 town overseers, einen clerk, 16 constables und 8 scavengers. Das Land um Halifax wurde in 5 Acre große Grundstücke (lots) aufgeteilt. 16 Kanonen auf George's Island sollten die Bauern schützen. Die Stadt selbst umfasste 1753 35 Blocks, wobei jeder von ihnen aus 16 Lots bestand, die jeweils 40 * 60 Fuß maßen.3f

Halifax wurde zum Ausgangspunkt für die Belagerung und Eroberung der Festung 1758 und war auch danach eine der Hauptbasen für die britischen Marineunternehmen in Nordamerika. Am 8. Mai 1758 erreichte eine englische Flotte Halifax. Nach der Niederlage der Akadier wurden viele von ihnen auf Georges Island im Hafen von Halifax interniert. 1758 fand die erste Abgeordnetenversammlung statt, und noch im selben Jahr begann der Ausbau von Halifax zu einer Hafenstadt mit der ersten Werft. Der erste Leuchtturm entstand4.

Halifax looking down George Street, Nova Scotia, Canada, 1759
The Town and Harbour of Halifax in Nova Scotia looking down George Street to the opposite shore called Dartmouth, Richard Short, 1759

Trotz der britischen Versuche, Siedler für die Festungsstadt zu gewinnen, zogen viele von ihnen nach Süden, da die Lebensbedingungen für Europäer sehr ungünstig waren. Andererseits zogen Fischer aus Neuengland nordwärts in die überaus fischreichen Gewässer. Dort kam es jedoch immer wieder zu wechselseitigen Überfällen mit den Mi'kmaq. Dies änderte sich erst ab 1760, nachdem Frankreich in einer Schlacht bei Québec unterlegen war. Die Akadier wurden deportiert. Bis 1763 ließ London etwa 10.000 Akadier und damit zwei Drittel der Bevölkerung gefangensetzen und in den britischen Kolonien in Nordamerika verteilen. Dabei wollte man einerseits Neuschottland sichern, andererseits die französische durch eine britische Bevölkerung ersetzen und zum dritten die Akadier assimilieren, denn sie sollten in Englisch sprechenden, protestantischen Gemeinden aufgehen. Gefangene Akadier mussten 1761 die Straße von Halifax nach Fort Sackville bauen. Erst ab 1764 kehrten die Akadier sukzessive zurück, so dass gegen Ende des Jahrhunderts wieder eine akadische Gemeinde existierte.

Die ab 1763 vergrößerte Kolonie Nova Scotia war nach der Deportation der Akadier weitgehend entvölkert. Ausnahmsweise gestattete London daher die Einwanderung von ausländischen Protestanten, die sie im Heiligen Römischen Reich, in den Niederlanden, in Neuengland, aber auch auf Martinique anwarben. Die Einwohnerzahl der Stadt stieg von rund 2.500 im Jahr 1761 auf rund 4.000 im Jahr 1790. Weitere Siedlungen wurden gegründet oder neu gegründet, wie etwa Lunenburg.

Der Amerikanische Unabhängigkeitskrieg

Halifax hing erheblich von den Militäranstrengungen Großbritanniens ab, daher stagnierte die Siedlung, nachdem mit der Zerstörung von Louisbourg im Jahr 1758 die französischen Gegner bedeutungslos geworden waren. Alles brauchbare Material wurde nach Halifax gebracht. Noch 1762 investierte London im Zuge des fortschwelenden Krieges gegen Spanien, den verbliebenen Akadiern, die man verdächtigte, mit dem Gegner zu konspirieren, nahm man Boote und Waffen. Am 1. Juli 1762 erreichte die Nachricht, dass Saint John's auf Neufundland von Franzosen erobert worden war, am 10. Juli fand ein Kriegsrat in Halifax statt, erneut am 15. und 16. Juli. Weitere Befestigungen und Batteriebauten wurden angeordnet. Doch nach 1763 wurden zahlreiche Matrosen und Schiffe abgezogen, der Postdienst wurde eingestellt. Die verbliebenen Händler schlossen sich 1765 zusammen, um den Schoner Nova Scotia Packet für den Postdienst nach Boston sicherzustellen.5

Die Sparsamkeit der Regierung bewirkte sogar, dass die Stadt am Öl für die Leuchttürme sparen musste, wie das Sambro Lighthouse. Die Miliz wurde aufgelöst. Schließlich wurde die Not so groß, dass die Stadt im Winter 1775 mit Mehl aus Québec versorgt werden musste. Die Zustände spitzten sich derartig zu, dass die Stadt im November 1775 dem Kriegsrecht unterstellt wurde. Dabei verfügte Halifax über eigene Münzen, die Halifax currency, dessen Pfund 1771 im Wert 90 % des britischen Pfund Sterling entsprach.5c

Halifax Citadel Nationalpark

Schlagartig änderte sich die desolate Situation, als am 30. März 1776 General William Howe, der mit 200 Offizieren und 3.000 Männern sowie über 4.000 Loyalisten hatte aus den USA fliehen müssen, in die Stadt kam. Sie waren am 17. März aus Boston abgezogen, die 47 Schiffe brachten über 1500 Mann mit ihren Farmilien nach Halifax. Am 1. April kam eine weitere Flotte dort an. Insgesamt brauchten die Flüchtlinge Quartiere für 200 Offiziere und 3000 Mann. Um Preisexplosionen zu verhindern, legte die Stadtregierung Höchstpreise fest, dennoch verdoppelten sich die Mietpreise, worüber sich General Howe beklagte. Weitere Tausende von Flüchtlingen, oft "in a destitute and helpless condition" folgten.6 Den Höhepunkt erreichte der Flüchtlingsstrom nach der Evakuierung von New York, London reagierte, indem es die Kolonie aufteilte, so dass weitere Kolonien unter den Namen New Brunswick und Cape Breton Island entstanden.

Halifax wurde zu einer Hochburg der Loyalisten, zugleich profitierten seine Händler vom Kapital und von den Menschen, die London dorthin schickte. Während des Krieges griffen von dort häufig Schiffe die aufständischen Neuenglandkolonien an. Viele Sklaven flohen aus den USA nach Kanada und kamen in die Stadt, gefolgt von Jamaikanern, was zu einer starken schwarzen Gemeinschaft führte. Die Einwohnerzahl verdreifachte sich. Gleichzeitig fürchtete man eine Invasion aus dem Süden und den Ausbruch von Pocken. Als sich 1777 eine Gruppe von bewaffneten amerikanischen Walfängern versuchte an der Mündung des Saint John River anzusiedeln, vertrieb sie die Miliz von Halifax. Gegen die Methoden, mit denen die britische Marine Matrosen anwarb, kam es im Juli 1779 zu einem Aufruhr, in dessen Folge das Pressen zum Dienst, das eigentlich seit dem 12. Dezember des Vorjahres untersagt war, erneut verboten wurde.6f 1780 bauten 1500 Mann binnen einer Woche die Festungswerke aus, doch musste zu weiteren Baumaßnahmen ein Sechstel der Milizen von Lunenburg, Windsor, Falmouth, Newport, Horton, Cornwallis, Cumberland, Truro, Onslow und Londonderry herangezogen werden. 1781 sollte erstmals eine öffentliche Schule eingerichtet werden.6g

Napoleonische Kriege

Jahr Einwohnerzahl
1761 2.500
1790 4.000
1828 14.439
1841 14.422

Halifax war nach der Unabhängigkeit der USA Großbritanniens Hauptfestung in Nordamerika. Die Briten förderten den Handel innerhalb des Kolonialreichs, so dass die Kontakte zu den karibischen Kolonien intensiviert wurden. Händler wie Charles Ramage Prescott und Enos Collins profitierten besonders von den Kriegen, die Napoleon in Europa auslöste, und von dessen Handelsblockade, der Kontinentalsperre (1806-14). 1794 kam Prince Edward, Duke of Kent als Kommandeur nach Nova Scotia und blieb bis 1800. Er ließ, oftmals nach eigenen Plänen, die Stadt mit Festungsbauten umgeben. Daneben entstanden Hunderte von Häusern im Stil der Zeit, in der auch der Glockenturm auf dem Citadel Hill, die St. George's Round Church, errichtet wurde. Die Befestigungsanlagen waren so stark, dass sie nie angegriffen wurden.7

John Christian Schetky, H.M.S. Shannon Leading Her Prize the American Frigate Chesapeake into Halifax Harbour (c. 1830)
Die HMS Shannon geleitet die gekaperte USS Chesapeake in den Hafen von Halifax

Während des britisch-amerikanischen Krieges von 1812 bis 1815 nahm die in Halifax stationierte HMS Shannon die amerikanische Fregatte USS Chesapeake als Prise. Die Invasionstruppe, die Washington angriff und das Weiße Haus niederbrannte, kam aus Halifax. Eine Truppe unter Lord Dalhousie eroberte von Halifax aus das Gebiet von Castine im Süden von Maine. Aus dessen Einnahmen wurde später die Gründung der Dalhousie University finanziert. Viele Bewohner beteiligten sich als Piraten an den Plünderzügen südwärts. Die Stadt profitierte dermaßen von den Kriegsgewinnen, dass aus dieser Zeit noch bedeutende Gebäude bestehen, wie das Province House, in dem das lokale Parlament tagte, ebenso wie das Government House, in dem der Gouverneur residierte.

Saint Mary's University wurde bereits 1802 als Grundschule gegründet, stieg nach Gründung der Dalhousie-Universität zum College auf. Die beiden Schulen standen zunächst im Ortskern, bevor sie umzogen.

Nachkriegskrise

Wie schon nach den letzten Kriegen brach der Boom schnell zusammen. 1818 zog die Royal Navy nach Bermuda. Doch diesmal waren die Unternehmer besser vorbereitet und nutzten die Vorzüge der Stadt. Diese lagen vor allem im Schiffsbau, etwa dem von Dampfschiffen, für den Samuel Cunard maßgeblich wurde, hinzu kam der steigende Kapitalbedarf im Hinterland, für den Bankiers wie Enos Collins gebraucht wurden. So entstanden die Halifax Banking Company, die Union Bank of Halifax, die People's Bank of Halifax, die Bank of Nova Scotia und die Merchants' Bank of Halifax sowie die spätere Royal Bank of Canada.

Weiterhin profitierte die Stadt von den britischen Kriegen, sei es der Krimkrieg oder der Amerikanische Bürgerkrieg, aber auch der Zweite Burenkrieg. Für die Militär- und Besiedlungsunternehmungen mobilisierte London erhebliche Kapitalmengen. Bereits 1809 entstand die Halifax Insurance Company, vor allem aber die Bank of Nova Scotia im Jahr 1832. Für die herausragende Stellung der Stadt im atlantischen Verkehrssystem ist es bezeichnend, dass 1837 die erste Überquerung des Ozeans mit einem dampfbetriebenen Schiff, der Royal William gelang. 1840 wurde der reguläre transatlantische Dampfschiffbetrieb des Cunard Liners S.S. Brittannia aufgenommen. Die Einwohnerzahl hielt sich bei über 14.000.


Eigenständigkeit, Eisenbahnbauten

Halifax map 1894
Karte von Halifax, 1894

Doch die Kolonie verlangte zunehmend Eigenverantwortlichkeit und wollte sich den Vorgaben Londons nicht mehr bedingungslos fügen. Joseph Howe gilt bis heute als Vater des Responsible Government in Britisch-Nordmerika. Nach seiner Wahl ins House of Assembly als Führer der Liberalen, setzte er die Stadtgründung von Halifax im Jahr 1842 durch. Die Haligonians wählten erstmals einen eigenen Bürgermeister.

Auch nach den gescheiterten Rebellionen von 1837 blieb Halifax eine der Hochburgen der politischen Eigenständigkeitsbewegung, die allerdings keineswegs eine Unabhängigkeitsbewegung war. Im Gegenteil bekämpften viele Halegonians 1867 die Loslösung von London. Howe erkannte, dass Eisenbahnverbindungen das Land zusammenhalten konnten und dem östlichsten Exporthafen nach Europa nutzen würden. So entstand die Nova Scotia Railway von Richmond im Norden zum Minas Basin bei Windsor und nach Truro und weiter nach Pictou. In den 1870er Jahren entstanden Linien nach Moncton und nach Saint John, dazu zahlreiche Lokalbahnen. Damit wurde Nova Scotia mit den USA, aber auch mit Québec verbunden. Die Einwohnerzahl überstieg bis 1851 die 20.000, bis 1861 die 25.000.

Amerikanischer Bürgerkrieg, Konföderation

Der Bürgerkrieg in den USA veränderte die wirtschaftliche und politische Lage erneut. Viele Männer aus Halifax unterstützten die Nordstaaten im Kampf gegen den Süden. Nur ein Teil von ihnen, vor allem die Händler, die mit den Westindischen Inseln verbunden waren, untersrützte den Süden. Händler wie Alexander Keith, Jr. profitierten von Lieferungen an beide Kriegsseiten. Häufig lagen Nordstaatenschiffe im Hafen.

Als London die Konföderation seiner Kolonien im Norden Amerikas veranlasste, um dem Expansionsdruck der USA zu widerstehen, fürchteten Händler aus Halifax um ihre guten Kontakte nach Boston und New York. London musste Konzessionen machen, um die Selbstständigkeit Kanadas durchzusetzen. Dazu lenkte es britisches Kapital nach Kanada, um die transkontinentalen Eisenbahnverbindungen möglichst schnell voranzutreiben. Zudem beteligte sich London weiterhin am Schutz des Landes. So blieben britische Truppen bis 1906 in der Stadt, als sie durch kanadische ersetzt wurden. Die Flotte blieb sogar bis 1910. Für den Einfluss der Händler bezeichnend ist es, dass im Mechanic's Institute Archivalien und Artefakte gesammelt wurden, einer Institution, aus der das Nova Scotia Museum hervorging.

Währenddessen stieg die Einwohnerzahl weiter. Waren es 1871 knapp 30.000 Einwohner, die beim alle zehn Jahre stattfindenden Zensus gezählt wurden, so stieg diese bis 1881 auf über 36.000, bis 1891 auf rund 38.500. Die Industrialisierung, die sich bis dahin überwiegend im Militärbereich niederschlug, sowie im Schiffbau, erreichte bald auch das häusliche Leben. 1882 entstand etwa das erste Telefonsystem.

Erster Weltkrieg, Halifax-Explosion, Zwischenkriegszeit

Mit dem Ersten Weltkrieg wuchs die Stadt erneut. Dort fanden Schiffe Schutz vor deutschen U-Boot-Angriffen, kriegswichtige Güter verließen von dort Kanada Richtung Europa. Das gleich galt für kanadische Soldaten, die die Briten unterstützten. Hatte die Stadt 1911 noch über 46.000 Einwohner gezählt, so waren es nach dem Krieg über 58.000.

Halifax1920postcard
Downtown Halifax, 1920

1917 traf die Stadt eines der schwersten Unglücke. Das französische Munitionsschiff Mont Blanc kollidierte mit dem belgischen Schiff Imo im Hafen. Auf dem Munitionsschiff lagen 2.300 Tonnen Explosivstoffe, 200 Tonnen TNT, dazu Benzol. Diese Ladung explodierte am 6. Dezember (Halifax-Explosion). Die Wucht der Explosion schleuderte Teile im Umkreis von 5 km in die Luft. Rund 2.000 Menschen starben, 9.000 wurden verletzt. 25.000 Menschen waren obdachlos. Am 7. Dezember traf zudem ein Blizzard die zerstörte Stadt. Der Wiederaufbau veränderte das North End. Trotz des gewaltigen Ausmaßes dieser Katastrophe ist der Untergang der RMS Titanic, bei dem rund 1.500 Passagiere ums Leben kamen, das bei weitem bekanntere Unglück. In Halifax sind 121 Opfer der Titanic-Katastrophe von 1912 auf dem Fairview Cemetery bestattet worden. Weitere 29 Opfer liegen auf dem Mount Olivet Cemetery und dem Baron de Hirsch Cemetery.

Hospital ship HMCS Laetitia in WW1
Das in Halifax aufgelegte Krankenhausschiff HMCS Laetitia, 1918-25

Nach dem Krieg brach die Wirtschaft abermals ein, obwohl der Wiederaufbau und der Bau des Halifax Shipyard neue Arbeitsplätze brachten. Hinzu kam ein Rückgang der Schiffbauindustrie, schließlich ab 1929 die Weltwirtschaftskrise. Immerhin entstanden im Süden Hochseeterminals sowie Verladestationen für den Übergang vom Schiffs- zum Eisenbahnverkehr. Die Foundation Franklin brachte in den 30er Jahren neue Jobs. 1925 wurde die transatlantische Telegraphenverbindung fertiggestellt.

Zweiter Weltkrieg, Nachkriegszeit

Halifax, mit inzwischen fast 70.000 Einwohnern, spielte im Zweiten Weltkrieg abermals eine bedeutende Rolle. Der Nordwestatlantik wurde von Konteradmiral Leonard W. Murray kommandiert. Schiffskonvois sammelten sich im Bedford Basin, um Versorgungsgüter an die alliierten Truppen zu liefern. Die Eisenbahn brachte Güter und Mannschaften an die Küste, Trans Canada Airways nahm 1941 die Flugverbindung nach Vancouver auf. Dabei fürchtete man in der Stadt deutsche U-Boot-Angriffe, vor der Küste wurden tatsächlich einige Handelsschiffe versenkt, dazu zwei kleine Kriegsboote. Die Wohnverhältnisse in der zwei Jahrzehnte vernachlässigten Stadt, und die Spannungen zwischen Zivilbevölkerung und 25.000 Militärs kulminierten im Mai 1945 im Halifax Riot. Dabei war der starke Zuzug von Soldaten die Ursache dafür, dass die Lebenshaltungskosten überaus stark anstiegen und die dabei verdoppelte Bevölkerungszahle der Zentrale für den Atlantikkrieg bei kaum veränderten Strukturen Feindseligkeiten auslöste. Mehr als 9.000 Soldaten, die die deutsche Kapitulation feiern sollten, begannen die Stadt zu plündern, der nicht informierte Konteradmiral ließ am nächsten Tag weitere 9.500 Mann an Land gehen. 207 Häuser wurden insgesamt ausgeraubt, 654 Geschäfte zerstört. Am 18. Juli explodierte das Bedford-Munitionsmagazin, wie 1917 im Norden der Stadt.

Jahr Einwohnerzahl
1851 20.749
1861 25.026
1871 29.582
1881 36.100
1891 38.437
1901 40.832
1911 46.619
1921 58.372
1931 59.275
1941 69.326
1951 85.589
1961 92.511
1971 122.035
1981 114.594
1991 114.455

Nach dem Krieg erfolgte nicht der sonst geläufige Niedergang der Stadt, weil der Kalte Krieg weitere Investitionen in Bewegung setzte. Hinzu kam, dass der kanadische Sozialstaat nicht nur mehr Aufgaben an sich zog, sondern auch mehr Arbeitsstellen schuf. Dazu kamen Stellen im Bereich der Bildung und auch der Denkmalspflege, dem Heritage-Bereich. Dies wiederum förderte den Tourismus, so dass die Stadt ihre ökonomische Basis verbreiterte. 1960 eröffnete der Halifax International Airport.

Bis weit in die 50er Jahre kamen zahlreiche Auswanderer in Halifax an. Pier 21 war ein bedeutender Ankunftsort für sie. Es ist heute ein Museum und eine nationale historische Stätte. Ab 1955, als die Angus L. Macdonald Bridge eröffnet wurde, war die 1752 eingerichtete Fährverbindung zwischen Halifax und Dartmouth nicht mehr die einzige Direktverbindung zwischen den beiden Städten.

Eingemeindungen

Die Stadt dehnte sich ins Umland aus, wobei die sehr hügelige Region eine kompakte Besiedlung gar nicht zuließ. So kamen 1969 Eingemeindungen zum Zuge, wie die von Rockingham, Clayton Park, Armdale und Spryfield. Vor allem in den 70er Jahren wurde ein erheblicher Teil der überlieferten Architektur zerstört, Grundstücksspekulation und Bürobauten waren die treibenden Kräfte, denen sich die Stadtregierung nur unzureichend steuernd entgegenstellte. Diese Rolle übernahm eine Bürgerbewegung, die eine breite Straße entlang der Küste verhinderte, und stattdessen den Hafenraum wiederbelebte. Um die geplanten Ausblicke über die Stadt, die bereits seit zwei Jahrhunderten konzipiert waren, zu schützen, wurde die Bebauungshöhe punktuell begrenzt. Dennoch wurden zahlreiche Gebäude abgerissen und durch Betonbauten ersetzt, vielfach vorhandene Gebäude unter Inkaufnahme dürftiger Stilbrüche oftmals gegen Widerstand durchgesetzt.

Jahr Einwohnerzahl
2001 276.412
2006 282.924
2011 390.096
2014 408.702
ab 2011 Halifax metro

Derweil wurde Africville, eine Siedlung der Schwarzen von Halifax, zum Slum erklärt, abgerissen und für Industrieanlagen und den Bau der A. Murray MacKay Bridge in Anspruch genommen. 2001 forderte ein Bericht der UN Ausgleichszahlungen für die Vertriebenen.

Halifax hat durchgehend eine Politik betrieben, die sich gegen bloße Expansion ins Umland wehrte, doch in den 90er Jahren dehnten sich vor allem Dartmouth, Bedford und Sackville aus. Auch machten Einkaufszentren, allen voran der Bayers Lake Business Park, den Geschäften in der Innenstadt scharfe Konkurrenz. Die konkurrierenden Städte förderten diese Anlagen und die Provinzregierung ihrerseits bestärkte die Eingemeindungspläne um diese für die Orte schädliche Konkurrenz um Neuansiedlungen zu beenden.

1995 wurde ein Act to Incorporate the Halifax Regional Municipality angenommen und die Halifax Regional Municipality entstand am 1. April 1996. Dieser „HRM“ umfasst alle Orte im Halifax County einschlileßlich Sable Island, das rund 180 km vor der Küste liegt. 2011 hatte der HRM 390.096 Einwohner.

Literatur

Externe Links

Anmerkungen

  1. 1 ↑ Genauer bei Debert und Belmont. Dies und das Folgende nach: Debert Palaeo-Indian Site.
  2. 1a ↑ Mi'kmaq Online.org - Words, Pronunciation - Jipugtug und http://www.thestar.com/comment/columnists/article/106631 Harbouring a host of delights, in: The Toronto Star, 10. Juni 2006.
  3. 1f ↑ James Pritchard: Anatomy of a Naval Disaster: The 1746 French Expedition to North America. McGill-Queen's University Press, Montreal 1995, S. 232f.
  4. 2 ↑ William C. Wicken: Mi'kmaq Treaties on Trial: History, Land, and Donald Marshall Junior, University of Toronto Press Inc., 2002, S. 181 (s. Google Books.
  5. 3 ↑ Harry Piers: The Evolution of the Halifax Fortress, Halifax 1947, S. 6. S.a. Peter Landry: The Lion and the Lily, Bd. 1. Trafford Press 2007, S. 370.
  6. 3d ↑ John Grenier: The Far Reaches of Empire. War in Nova Scotia, 1710-1760. Norman: University of Oklahoma Press 2008, S. 162.
  7. 3f ↑ Beamish Murdoch: A History of Nova-Scotia or Acadie, Bd. 2., J. Barnes, Halifax 1866, S. 219.
  8. 4 ↑ Thomas Raddall Halifax: Warden of the North, Toronto: McClelland and Stewart, S. 64.
  9. 5 ↑ Trevor Kenchington: The Navy's First Halifax, in: Argonauta, Canadian Nautical Research Society, Bd. X,2 (April 1993) 9.
  10. 5c ↑ Beamish Murdoch: A History of Nova-Scotia or Acadie, Bd. 2., J. Barnes, Halifax 1866, S. 504.
  11. 6 ↑ Thomas B. Akins: History of Halifax City, S. 85.
  12. 6f ↑ Beamish Murdoch: A History of Nova-Scotia or Acadie, Bd. 2., J. Barnes, Halifax 1866, S. 601..
  13. 6g ↑ Beamish Murdoch: A History of Nova-Scotia or Acadie, Bd. 2., J. Barnes, Halifax 1866, S. 619..
  14. 7 ↑ Julian Gwyn: Ashore and Afloat: The British Navy and the Halifax Naval Yard Before 1820, University of Ottawa Press, 2004 (s. Google Books.

Für die Abbildungen gilt:

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