Die Kwanlin Dun First Nation oder Kwanlin Dün First Nation ist die zahlenmäßig größte der First Nations im kanadischen Yukon. Die meisten von ihnen leben in Whitehorse, der Hauptstadt des Territoriums. Sie gehören zur Sprachfamilie des Athabaskischen, genauer gesagt zum Southern Tutchone. Viele von ihnen haben auch Vorfahren unter den Tagish und Tlingit.
Der Name Kwanlin geht auf den Namen für den Miles Canyon zurück und bedeutet „durch den Canyon fließendes Wasser“.
Ihr traditionelles Territorium liegt im Quellgebiet des Yukon, den sie Chu Nínkwän nannten. Es erstreckte sich zwischen Marsh Lake und Lake Laberge sowie flussabwärts bis Hootalinqua. Sie führen sich auf die Tagish Kwan zurück, die seit langer Zeit ihr Ttraditionelles Gebiet bewohnen.
Zur Kwanlin Dun First Nation rechnete das Department of Indian Affairs and Northern Development im August 2010 genau 973 anerkannte Indianer.1
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Früheste Lebensgrundlage waren die Karibuherden, aber auch Elche, Schafe und Murmeltiere, Hasen und Alaska-Pfeifhasen. Dazu kamen Vögel und Fische, vor allem Lachs. Sie legen einen fast 4000 km langen Weg über den Yukon River zurück. Auch leben hier Grizzly-Bären, Wölfe, Koyoten und Luchse.
Das raue Klima erforderte ein halbnomadisches Leben, bei dem Familien in Frühjahrs- und Sommerlagern zum Fischen zusammenkamen, aber auch im kurzen Herbst, um zu jagen. Die frühen Gruppen lebten in Unterkünften aus Zweigen, Geäst und Fellen. Auch die Kleidung war dem Klima angepasst.
Dabei waren die Beziehungen zwischen den Gruppen, die sich im südlichen Yukon und in Alaska als Nomaden bewegten, ausgesprochen eng, obwohl sie verschiedene Sprachen, wie Southern und Northern Tutchone, Upper Tanana, Tagish oder Tlingit sprachen. Diese Beziehungen festigten sie durch regelmäßige Handelskontakte und gemeinsame Feierlichkeiten, sowie durch verwandtschaftliche Bande. Auch ähnelte sich ihre Sicht der Welt und ihr Verhältnis zu ihrer Umgebung. Schamanen taten sich als Heiler hervor und waren für die Kontaktaufnahme mit spirituellen Mächten zuständig. Sie halfen auch beim Auffinden von Jagdbeute.
Während der weniger günstigen Zeiten des Jahres zogen kleine Familienverbände, die ihrem jeweiligen Wanderzyklus mit einigen Abweichungen jedes Jahr folgten, durch das gesamte Traditionelle Gebiet.
Funde am Annie Lake2 und am Fish Lake weisen auf Bewohner hin, die hier bereits um 8000 v. Chr. lebten. Allerdings lebten hier nur wenige Menschen. Nur zwei große Lanzenspitzen fanden sich 1992 bei einer Grabung. Fische gab es in der gerade vom Eis freigegebenen Landschaft kaum. Kennzeichnend für diese Epoche sind winzige Klingen, die als microblades bezeichnet werden.
Um 4000 v. Chr. war das Gebiet von Sanddünen bedeckt, doch hinterließ eine Gruppe von Jägern Spuren eines Feuers. Dem Northern Archaic konnte ein ungewöhnlicher Speerspitzen-Typus zugewiesen werden, von dem ein erstes Exemplar am Annie Lake entdeckt wurde. Er wird daher als Annie Lake Point bezeichnet.
Waldbrände bahnten erheblicher Erosion den Weg und Sanddünen türmten sich erneut auf. Menschliche Spuren fehlen aus dieser Zeit. Am Annie Lake befand sich ein Lager, von wo aus die Männer Schafe, Karibus und Bergziegen jagten. Um 500 n. Chr. erreichte das Lager einen Höhepunkt der Nutzungsintensität, das Klima war feuchter, die Wälder dichter.
Um 750 ereignete sich ein gewaltiger Vulkanausbruch am Oberlauf des White River, der große Teile des Gebiets mit Asche bedeckte. Am Annie Lake jedoch fand sich nur eine dünne Ascheschicht, die es wahrscheinlich erlaubte zu bleiben, oder zumindest wenig später zurückzukehren.
1994 führten Yukon Heritage Branch und Kwanlin Dün First Nation in Zusammenarbeit mit der Yukon Conservation Society und dem MacBride Museum eine archäologische Grabung in der Geisterstadt Canyon City am Miles Canyon durch.3 Wahrscheinlich lebten auch hier bereits nach Ende der Eiszeit Menschen, doch nachweisen lassen sie sich erst ab 500 v. Chr. Eine Projektilspitze lässt sich zwar aufgrund der Bearbeitungsweise dem Agate Basin complex zuweisen, also der Zeit um 7000 v. Chr., doch lag die Spitze in einer Holzkohleschicht, die sich auf 600 v. Chr. datieren ließ.
Der Pelzhandel kam bereits kurz nach 1800 durch die Tlingit in die Region, die damit den lokalen Handel erstmals an den Welthandel banden. Um 1880 kamen bereits große Mengen Pelze von hierher. Damit kamen im Gegenzug europäische Waren, wie Gewehre, Metallwaren, Äxte, Messer, aber auch Tabak, Tee, Zucker und Mehl zu den Kwanlin Dun und ihren Nachbarn. Dennoch hatten die Beschaffung von Nahrungsmitteln und soziale Gründe für Wanderungen weiterhin Vorrang. Dies hing auch damit zusammen, dass die Tlingit ihr Pelzhandelsmonopol bis in die 80er Jahre verteidigten.
George M. Dawson, der 1887 im Auftrag der Regierung die Region bereiste, registrierte Pfade und Portagen rund um den Miles Canyon.
Als 1897, vor allem aber 1898 der Klondike-Goldrausch über die dünn besiedelte Region hereinbrach, strömten rund 100.000 Menschen zu den Goldfeldern. Die meisten von ihnen kamen vom Pazifik her über die beiden einzigen Pässe zum Lake Lindeman oder zum Lake Bennett. Dort bauten sie Flöße und Boote, um die 800 km bis Dawson zu überwinden. Der Verbrauch an Holz stieg sprunghaft an. Bereits im Winter 1897/98 überwinterten an beiden Seen je 10.000 Männer in Zelten. Im Mai 1898 fuhren rund 7.000 Boote den Yukon abwärts. Die Reise führte durch zahlreiche Stromschnellen wie im Miles Canyon, oder durch die von White Horse, die sogenannten Five Fingers und The Rink.
Norman Macaulay, ein 28-jähriger Unternehmer aus Victoria, errichtete 1897 ein Roadhouse mit Saloon am Pfad entlang des Miles Canyon und der White Horse Rapids. Diesen bauten 18 Männer in drei Wochen über eine Strecke von 5,5 Meilen (knapp 9 km) zu einer Pferdebahn aus, mit Waggons,, die von Pferden auf Eisenbahnschienen gezogen wurden. Als Zehntausende von Goldsuchern ankamen, wie Macaulay es vorhergesehen hatte, bot diese Bahn eine Alternative zum gefährlichen Wasserweg, und über Nacht entstand dort Canyon City. Die Canyon and White Horse Rapids Tramway Company verlangte 3 Cent pro Pfund und 25 Dollar pro Boot. Macaulays Männer und 23 Pferde transportierten täglich bis zu 90 Tonnen. Zu diesem Erfolg trug wesentlich bei, dass Superintendent Samuel B. Steele von der örtlichen Polizeitruppe die Fahrt auf dem Strom strengen Restriktionen unterwarf. Dabei durften Frauen und Kinder gar nicht an Bord, denn der Weg wurde als zu gefährlich eingeschätzt.
Schon im Sommer 1898 wurden je ein Hotel, Saloon, Restaurant, Laden, dazu Hütten und zahlreiche Zelte errichtet, hinzu kam eine Station der Northwest Mounted Police sowie eine Schmiede. 1899 versuchte John Hepburn, der ebenfalls aus Victoria stammte, Macaulay Konkurrenz zu machen, indem er auf der anderen Flussseite eine Bahnlinie baute. Macaulay seinerseits baute ebenfalls eine und konnte im Juni die des Konkurrenten für 60.000 Dollar übernehmen. Währenddessen wurde die White Pass and Yukon Railway begonnen, die ihren Ausgangspunkt von der Pazifikküste in Skagway nahm. Im August 1899 kaufte sie die Bahnlinien Macaulays für 185.000 Dollar. Im Juni 1900 wurde die tramway Macaulays durch die Fertigstellung der Eisenbahnverbindung überflüssig. Damit verschwand auch Canyon City innerhalb kürzester Zeit, die Polizeitstation wurde wohl bald nach Oktober 1901 aufgegeben. Mindestens eine Indianerfamilie zog jedoch in die Geisterstadt.
Im Jahr 1900, auf dem Höhepunkt des Klondike-Goldrauschs, beantragte Chief Jim Boss (Kishxóot) von den Ta'an Kwäch'än beim Commissioner of the Yukon William Ogilvie ein 1.600 Acre großes Reservat bei Ta'an Män. Doch wurden ihm nur 320 Acre zugestanden. Daher schrieb der Häuptling 1902 an das Department of Indian Affairs in Ottawa, dass das Wild überjagt werde, und dass sein Volk einen Ausgleich und eine Entschädigung brauche. Er schrieb: „Tell the King very hard we want something for our Indians, because they take our land and our game.“ Ottawa sagte jedoch nur den Schutz des Volkes und des winzigen Reservats zu. Dieser Briefwechsel gilt als erster Versuch, im Yukon Landansprüche durchzusetzen.
Als die White Pass and Yukon Route (WPYR) company das Gebiet der heutigen Stadt Whitehorse erwarb, mussten die dort ansässigen Indianer das Gebiet verlassen und an das Ostufer des Yukon ziehen - unmittelbar nördlich des Geländes des heutigen General Hospital, des Krankenhauses. 1912 wurde die Gruppe erneut umgesiedelt, diesmal an die Stelle, wo sich heute der Robert Service Campground befindet, ein Campingplatz. Von dort bis Kishwoot Island entstanden mehrere Dörfer.
1915 forderte Superintendent John Hawksley ein Reservat für die Indianer. Es dauerte weitere sechs Jahre, bis seine Forderung nach einem Reservat nördlich von Whitehorse umgesetzt wurde. Das Gebiet von 282,3 Acre Fläche (Lot 226) lag in der heutigen Marwell industrial area. Das entsprach etwa 115 ha.
1942 begann der Bau des Alaska Highway, um während des Krieges gegen Japan Truppen nach Alaska transportieren zu können. Die Bevölkerung von Whitehorse stieg sprunghaft von 700 auf 25.000 an, 1953 wurde der Ort Hauptstadt des Territoriums und löste damit Dawson ab. Bis 1948 entzog Ottawa, nachdem für Straßenbau und aus militärischen Gründen Land eingezogen worden war, dem Indian Reserve No. 8 die Rechtsgrundlage und damit den Schutz nach dem Indian Act. Damit hatte der Stamm erneut kein eigenes Gebiet. Dennoch mussten alle Indianer aus Whitehorse dorthin umziehen.
1956 zwang das Department of Indian Affairs mehrere Stämme zum Zusammenschluss, so dass von sechs Stämmen nur drei übrig blieben. Die Stämme zwischen Marsh Lake und Lake Laberge, vor allem Tagish Kwan und Ta’an Kwäch’än wurden amalgamiert. So entstand die Whitehorse Indian Band, die heutige Kwanlin Dün First Nation. 1962 wurden die letzten indianischen Häuser am Uferweg von Whitehorse (waterfront), dort, wo heute die S.S. Klondike liegt4, abgerissen, ihre Bewohner mussten ins Reservat ziehen.
Erst 1987 lösten sich die Ta'an Kwäch'än wieder aus diesem Verband. Sie schlossen 2002 einen Vertrag mit der Regierung, der ihnen ein selbst regiertes Reservat um den Lake Laberge sicherte.5
1972 überreichte eine Gruppe von Älteren unter Führung von Elijah Smith, einem Elder der Kwanlin Dün, Premierminister Pierre Trudeau Forderungen unter dem Titel Together Today for Our Children Tomorrow. Der Kern ihrer Botschaft lautete: „ohne Land haben Indianer keine Seele - kein Leben, keine Identität - kein Ziel“. Damit begannen langwierige Auseinandersetzungen um die Landrechte der Indianer im Yukon.
Erst 1988 konnte die Kwanlin Dün First Nation an ihren heutigen Wohnort westlich des Alaska Highway ziehen, auf Land, das für den Bau einer Pipeline vorgesehen war, die nie gebaut wurde (McIntyre subdivision). Im Juli 1998 trennte sich der Ta’an Kwäch’än Council wieder von der Whitehorse band. 2001 wurde Lot 226 als Reservat vom Obersten Gerichtshof Kanadas anerkannt.
Am 19. Februar 2005 unterzeichnete der Stamm den abschließenden Vertrag über seine Landansprüche und die Selbstregierung (self-government) mit Bestimmungen, die ab dem 1. April Gültigkeit erlangten. Damit waren die Kwanlin Dun die zehnte Nation auf dem Gebiet des Territoriums, die sich selbst regierte. Die überaus langwierigen Verhandlungen hingen mit ihrer komplizierten Situation in der vergleichsweise dicht besiedelten Region zusammen. So gehört Whitehorse, wo zwei Drittel der Bevölkerung des Territoriums leben, zum Traditionellen Territorium.
Der Stamm erhielt ein Gebiet von insgesamt 10.380 km², wobei einige Punkte als Special Management Areas (SMAs) ausgewiesen wurden, die unter besonderem Schutz stehen. Zu ihnen gehören der Kusawa Park und die Lewes Marsh Habitat Protection Area.
Die Regierung besteht aus der General Assembly, aus dem Häuptling und seinen sieben Beratern, die alle drei Jahre gewählt werden, dem Rat der Älteren (Elders Council), dem Jugend- und dem Rechtsrat. Regierungssitz ist in 35 MacIntyre, Whitehorse. Der Übergang von einer Regierung unter dem Indianergesetz zu einer Selbstregierung bedurfte finanzieller Unterstützung, denn die Mittel für Programme zur Gesundheit, zu Hausbau, Wirtschaftsentwicklung, Umweltschutz und zu kulturellen und historischen Projekten waren zunächst gering. In Whitehorse soll zudem das Waterfront Cultural Centre an der Ecke Black Street / First Avenue entstehen, das mit 119.310 Dollar durch den Community Development Fund unterstützt wird. Das Grundstück umfasst 1,72 ha.
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